- August 30, 2019
Es geht nicht früh genug
Madlen Haß ist einer der ambitioniertesten Menschen, den ich kenne. So viel Herzblut, Engagement und Umsicht habe ich selten, wirklich selten erlebt.
Der Vision gefolgt
Madlen ist ihrer Vision gefolgt und hat eine Schule errichtet, mit einem eigenständigen Konzept, das sowohl die Individualität wie auch die fächerübergreifende Ausbildung von Schülern in den Mittelpunkt stellt. Ihre Schule ist die Georg Heinsius von Mayenburg-Grundschule in Senftenberg-Brieske unter dem Dach der Schlausitz. Das ist ein Ort, an dem Schüler vom ersten Tag an selbstbestimmt, selbstbewusst und in ihrem Tempo allumfassend lernen können.
Jana Wieduwilt:
Liebe Madlen Haß, danke, dass ich dich in meinem Blog Halbtagspilgern.de interviewen darf. Schließlich bist du nicht ganz unschuldig daran, dass ich überhaupt pilgern war. Denn du hast mir – damals beim Essen in einem Restaurant bei unserem „Mädels-Abend“ einen Schubs gegeben und mir gesagt, dass ich endlich Pilgern gehen soll.
Das war genau der richtige Impuls zur richtigen Zeit. Vielen Dank.
Ich habe auf meinem Weg Achtsamkeit und Selbsterkenntnis viel ausprobiert und bin viele Umwege gegangen, die ich nicht hätte gehen müssen. Wenn ich schon früh gelernt hätte, welche Methoden und Werkzeuge es gibt, um mich selbst im Gleichgewicht von An- und Entspannung zu halten, wären sie mir erspart geblieben. Was genau ist denn deine Intention, Achtsamkeitstraining für deine Schüler anzubieten?
Madlen Haß:
Kinder haben eine offene, neugierige Grundhaltung. In ihrem turbulenten Alltag ist ein bewusster, achtsamer Umgang mit sich selbst und anderen die Basis fürs Glücklichsein.
Emotionale Intelligenz als Basis für das Lebensglück
Diese sogenannte emotionale Intelligenz wird zukünftig immer stärker eine Rolle spielen. Mit unseren Übungen sollen die Kinder einen Materialkoffer erhalten, um mit Hektik, Stress, Leistungsdruck und dem immer schneller werdenden Lebenstempo umzugehen und somit Sorge für ihre seelische Gesundheit zu tragen.
Mentaltraining für Gehirnleistung
Die Integration von Mentaltraining in unseren Schulalltag soll dazu beitragen, die Kreativität, das Selbstvertrauen und die Zufriedenheit von unseren Schülern zu steigern. Zudem werden Konzentrationsstörungen oder Lernstörungssymptome korrigiert und stattdessen die Gehirnleistung angeregt.
Jana Wieduwilt:
Und wie geht das genau? Welche Fächer beinhalten Achtsamkeit und wie setzt du sie um?
Madlen Haß:
Über Konzentrationsübungen, Entspannungsgeschichten, Fantasiereisen, einfache Atemübungen oder Entspannungsübungen für die Augen nach z.B. einer Lernwerkstatt am Laptop, die in alle Fächer mit eingebunden werden.
Schulfach Lebensart
Zusätzlich gibt es noch das von uns selbstentwickelte Unterrichtsfach Lebensart. Das Lernziel hier heißt „Kinder stark machen“, durch persönliche Zufriedenheit, Selbstsicherheit, Selbstverantwortung und soziale Verantwortung.
Lerninhalte sind vielfältig
Lerninhalte reichen von Körper- und Bewegungserfahrungen über Konzentrations- und Kommunikationsübungen mit Streitschlichtungsprogramm bis zur Selbstfindung. Mit dem Fach wollen wir zudem der Tatsache Rechnung tragen, dass auch Familien als soziale Netzwerke nicht mehr durchgehend in der Lage sind, grundlegende Normen und Verhaltensweisen sowie Konventionen als Grundlage für ein erfolgreiches und zufriedenes Leben zu vermitteln.
Erlebnisorientierte Projekte
Das Fach vermittelt unterm Strich Lebensfreude, Lebenskompetenz und fördert die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler. Der Unterricht ist größtenteils in erlebnisorientierten Projekten gestaltet und fußt auf dem Prinzip der Selbsterfahrung.
Jana Wieduwilt:
Du hast ja dieses besondere Schulkonzept, das ich so sehr bewundere. Bei dir wäre ich richtig gerne zur Schule gegangen. Was genau macht den euer Konzept, das ihr unter dem Dach der Schlausitz anbietet, aus deiner Sicht so besonders, gerade im Hinblick auf den Fachkräftemangel?
Madlen Haß:
Ich habe mal gelesen: „Wir müssen aufhören, die Kinder wie Fässer zu betrachten, die wir mit Wissen füllen. Wir müssen ihnen die Fackel der Erkenntnis zünden, damit sie sich in einem Leben vollen Anforderungen zurecht finden.“
Bei uns ist es gerade das individuelle Lernen und Leben in der Schule.
Vom Karate,- Tanz-Theater-, Computerunterricht bis zu den klassischen Fächern gestalten wir einen modernen Unterricht in dem der Schüler im Vordergrund steht. Die Kinder erlernen selbständiges forschend und entdeckendes Lernen über Tages-, Wochen,- oder Epochenpläne.
Projekte und Lernwerkstätten
Viele Projekte oder Lernwerkstätten unterstützen das eigenständige Denken und das praxisnahe Arbeiten in der Verknüpfung mit den theoretischen Kenntnissen. Aber auch mit Teamarbeit, dem Umgang mit modernen Medien und natürlich mit Methoden des Präsentierens breiten wir die Schüler auf ein unternehmerisch denkendes und handelndes Leben vor mit Freude zum lebenslangen Lernen.
Jana Wieduwilt:
Madlen, ich kenne dich als unerschütterlich positiven Menschen. Wie entspannst du selbst? Gehst du pilgern? Was tust du, neben deinen zwei Firmen, die du managst, neben Kind, Mann und Familie, um in deiner Balance zu bleiben?
Madlen Haß:
Viele Dinge entspannen mich: z.B. Lesen, gekonnt nichts tun und den Gedanken freien Lauf lassen, ein gutes Glas Rotwein, Treffen und Gespräche mit Freunden oder Familie , Wellness, Reisen und die Welt anschauen.
Bewegung im Alltag
Zweimal die Woche versuche ich mit meinem Sohn ins Gesundheitsstudio zu gehen. Ich habe es gleich im Kalender festgehalten, damit meine Sekretärin mir nicht einen Termin reinlegt. Regelmäßige Bewegung fördert auch den Tiefschlaf. 😉 Ich versuche auch die regelmäßige Bewegung in den Alltag mit einzubauen, das fängt bei morgendlichen Übungen beim Zähneputzen an und geht bei abwechselnd stehenden und sitzenden Arbeiten weiter.
Neue Gewohnheitsschleifen einschleifen
Wichtig ist, dass die Gewohnheitsschleife unterbrochen ist und eine neue Routine entstanden ist (Aus der Hirnforschung wissen wir, je häufiger eine neue Tätigkeit ausgeübt wird, desto selbstverständlicher für unser Gehirn- man spricht von ungefähr 20 Tagen, bis es zur Gewohnheit wird)
Auch die Aktivitäten bei Tageslicht tun mir gut, deshalb essen wir unser Frühstück und auch das Abendbrot möglichst immer mit meinem Sohnemann auf der Terrasse.
Viel Wasser und Ingwer
Für meine Balance und Gesundheit trinke ich viel Wasser, das gute Zellverfügbare 😉 morgens mit einem Spritzer Zitrone, sonst pur. Auf meinem Schreibtisch steht immer eine gefüllte Karaffe – so diszipliniere ich mich. Abends vor dem Zubettgehen nehme ich immer eine kartoffelgroße Menge geriebenen Ingwer gemeinsam mit einer warmen Tasse Milch zu mir.
Bessere Planung
Zudem habe ich gelernt meinen Alltag besser zu planen und schaffe so meine persönliche Ausgeglichenheit-denn durch meine tägliche To do Liste habe ich die Sicherheit nichts zu vergessen und strukturiert zu arbeiten.
Jana Wieduwilt:
Welche Tipps hast du für die Leser meines Halbtagspilgern-Blogs, die vielleicht überlegen, mehr in die Eigenständigkeit zu gehen, Unternehmer zu werden? Was sollten sie unbedingt beachten?
Madlen Haß:
Sie sollten an erster Stelle überlegen, was ihnen wichtig ist. Der Psychologe Nossrat Peseschkian benannte 4 Bereiche die im Einklang seien müssen, damit man ausgeglichen ist.
1. Arbeit und Beruf
2. Sinn und Kultur
3. Körper und Gesundheit
5. Familie und Beziehung
Wissen, welche Ziele
Das Wissen, welche Ziele und Wünsche man in den unterschiedlichen Lebensbereichen hat ist eine Voraussetzung (Was ist mir wichtig?, Wann ist für mich das Leben erfüllt?, Was muss ich tun, um auch morgen noch ein glückliches Leben zu führen?)
Das Tolle an der Selbständigkeit ist, dass man eigene Entscheidungen treffen kann, selbstbestimmt arbeiten kann. Man ist unabhängig und so Familie, Kinder gut mit unter einen Hut bekommt. Deshalb entstand bei mir als späte Mutter dann auch die Vision von einem modernen eigenen Kindergarten und einer Schule.
Meine Motivation als Selbständiger ist eine andere: Kein notwendiges Übel, sondern ich habe mir diesen Job selbst gewählt – das befriedigt und führt in meinen Augen zu höherer Motivation.
Neben der zeitlichen Flexibilität, die Unternehmerdasein mit sich bringt, ist natürlich auch noch die finanzielle Unabhängigkeit ein Argument. Man sorgt selbst, dass das Unternehmen bestehen bleibt und somit für seinen Arbeitsplatz.
Wichtig ist es auch sich immer wieder neu zu hinterfragen – seine Interessen, Ziele, auch mit dem Blick auf Krisensituationen.
Ich erkläre meinem Sohn immer, das Leben und auch die Selbständigkeit ist wie eine Achterbahn nach jedem „angstvollem“ Tief kommt immer wieder ein „juchzendes“ Hoch.
Jana Wieduwilt:
Wohin geht dein nächster Pilgertrip? Magst du das verraten?
Madlen Haß:
Wie sagt man so schön: Der Weg ist das Ziel. Wer pilgert unternimmt eine Reise zu einem besonderen Ort an dem man den Alltag vergessen und neue Impulse sammeln kann.
Ich möchte noch viele dieser Orte sehen.
Dieses Mal geht es nach Ostafrika. Mein Sohn möchte die Big 5 leibhaftig, in ihrer natürlichen Umgebung erleben und mein Mann freut sich einmal gechillt den Kilemanjaro von der anderen Seite zu bestaunen, denn er hat ihn schon vor Jahren selbst bestiegen. 😉