Gehörst du zum Club der 99?

Gehörst du zum Club der 99?

Wann ist genug genug?

Es ist 2.48 Balinesischer Zeit und mir geht eine Geschichte nicht aus dem Kopf, die ich heute gelesen habe. Es ist stockdunkel, naja, nicht ganz. Der Mond ist da und spiegelt sich immer mal wieder kurz im jetzt schwarzen Wasser bevor die Wellen umbrechen. Ich sitze hier und freue mich des Lebens.

Halbnachtspilgern

Es ist Bali und ich bin heute mal halbnachtspilgern. Dass ich mir das erlaube, liegt auch daran, dass wir in einem wirklich sehr angenehmen Hotel sind und wir unauffällig, aber mit Sicherheit bestens bewacht sind. Hier ist alles dafür gemacht, runterzukommen und den Chill-Modus einzuschalten. Hab ich gerade. Jetzt ist in Deutschland Feierabend und hier noch keiner wach.

Staunen

Das Meer hat ne ziemliche Welle, das Wasser kommt gerade zurück und nimmt sich den schwarzen Strand mit. Schwarzer Strand. Interessant. Als ich das das erste Mal sah, musste ich gleich mal den Sand in die Hand nehmen, weil ich gar nicht glauben konnte, dass es sowas gibt. Und nun sitze ich hier und staune, was für Geschenke das Leben so für mich ausgepackt hat.

Eine Geschichte

Das Meer sendet Kraft und Inspiration und erinnert mich an die Geschichte, die ich bei Jorge Bucay gelesen habe: Sie geht ungefähr so: Ein König war reich und hatte alles, was du dir vorstellen kannst. Alles vom allerfeinsten. Und doch war er ewig schlecht gelaunt, fühlte sich schlecht und war griesgrämig. Ich würde sagen: Mundwinkel ganz nach unten.

Meckermodus.

Der König hatte einen Diener, der ihn täglich weckte und bei den morgendlichen Verrichtungen half. Dabei war der Diener, ein armer Mann aus dem Dorf, immer so strahlend gut gelaunt, dass es eine Lust war, ihm zuzusehen. Fröhlich ging er dem König zur Hand, hatte ein Liedchen auf den Lippen und oft ertönte sein helles Lachen. Der König fragte den Diener: “Warum bist du so gut gelaunt?” “Die Sonne scheint, ich darf hier arbeiten. Warum sollte ich klagen?”, fragte verwundert der Diener und pfiff ein neues Liedchen.

Ein perfider Plan

Den König ließ das nicht los und er fragte seinen Großwesir. Der Weise wusste sofort, was Sache war: “Er gehört noch nicht zum Club der 99”. Kurz: Die beiden heckten einen Plan aus und hängten am Abend einen Sack mit 99 Goldmünzen an die Haustüre des Dieners. Dieser fand den Beutel, vergewisserte sich, dass niemand da war, dem er gehörte, setzte sich in sein Haus und zählte. Er zählte noch mal. Und noch mal. “Das kann nicht sein, es muss ein Irrtum sein. Wo ist die 100. Münze?” Er begann zu rechnen. In sieben Jahren würde er die 100. Münze erarbeitet haben.

Er ist drin im Club der 99

Aber wenn seine Frau auch im Dorf arbeiten würde, könnten sie es schon in 5 Jahren geschafft haben. “Dann kann ich mich zur Ruhe setzen”, dachte der Diener. Er rechnete weiter. Und rechnete und rechnete. Und da hatte sich derselbe Zug aus Schmerz an seinen Mundwinkeln eingenistet. Er war eingetreten in den Club und war voller Sorge. Immer in der Zukunft, nicht mehr im Jetzt. Der König übrigens hatte den Diener bald entlassen, weil dieser immer so schlecht gelaunt war.

Die Moral von der Geschicht?

Überleg mal selber. Gehörst du zum Club der 99? Und wenn ja: Was hindert dich, dich an den 99 Münzen, die du schon hast zu erfreuen? Jetzt? Wenn du aus dem Club wenigstens temporär austreten möchtest, dann geh den ersten Schritt: Hol dir das Losgehen-Buch von mir. Obendrauf bekommst du meinen Newsletter, einmal in der Woche. Halbtagspilger-Content. Und dann, dann lösen sich deine Mundwinkel und schnellen nach oben. Du vergisst die 100. Münze und kannst einfach unbeschwert LÄCHELN!

 

Aus Flecken Wunder kreieren. Ein Interview mit Alexandra Leyer (Lexikonfetti)

Aus Flecken Wunder kreieren. Ein Interview mit Alexandra Leyer (Lexikonfetti)

Wie du aus einer Krankheit oder ungünstigen Situation Wunder machst. Ein nachdenkenswertes Interview.

Zuerst fiel mir Alexandra Leyer alias Lexikonfetti auf Instagram auf. Ich sah ihre Posts und sofort war ich gefangen. Hinter Lexikonfetti muss ein besonderer Mensch stehen. Mich berühren ihre Texte und Bilder zutiefst. Weisheit. Achtsamkeit. Schmerz. Hoffnung. Urvertrauen. Alles ist da drin. Ich wusste nicht, dass die junge Frau an Multiple Sklerose erkrankt ist. Ob sie mit mir sprechen würde, wusste ich auch nicht. Und jetzt freue ich mich so sehr und verneige mich in Dankbarkeit, dass Alexandra als kraftvollste Halbtagspilgerin, die ich kenne hier im Interview ist. Sie gibt Impulse für ein Leben mit MS – oder anderen Unwägbarkeiten und schenkt dabei viel Kraft.

Jana Wieduwilt: Alexandra, hol uns doch bitte gerade in den Moment und zu dir. Wo bist du gerade, womit beschäftigst du dich? Was treibt dich um?

Lexikonfetti – Alexandra Leyer: Zur Zeit beschäftige ich mich viel mit dem Thema Selbstliebe und damit, wie ich inneren Frieden mit mir selber schließen kann. Ich lerne gerade meinen Körper, meine Emotionen und alle Einschränkungen bzw. Besonderheiten :), die jeder mit sich trägt, anzunehmen, zu akzeptieren und zu lieben. Dazu lerne ich auch, mein inneres Kind zu finden, zu pflegen und zu lieben- aber das nochmal eine ganz andere Herausforderung 🙂

Jana Wieduwilt: Lexikonfetti, so bist du auf Instagram unterwegs, ein toller Name! Wie bist du drauf gekommen und was verbindest du damit? Ebenso dein Blog Wunderflecken? Du podcastest, machst Videos. Was ist dein liebstes Medium, um dich auszudrücken?

Lexikonfetti – Alexandra Leyer: Ich schreibe über Themen und veröffentliche meine Gedanken eher zu „Tabu-Themen“ oder Themen, die für andere eher negativ belastete sind. Ich möchte aber diese Gedanken, die ich teile, positiv belasten und gestalten,deshalb regnet es bei mir Konfetti 🙂

„Wunderflecken“, weil meine Krankheit -MS- sich in der Diagnostik (MRT) durch Flecken im zentralen Nervensystem kennzeichnet. Ich mache aber aus jedem Fleck das Beste und versuche, Wunder daraus zu kreieren 🙂

Aus der Krankheit und den Flecken konnte ich wirklich sehr viel lernen.

Jedes Medium spricht mich an und es fällt mir schwer, mich da zu entscheiden. Aber am liebsten schreibe ich 🙂

Jana Wieduwilt: Ich treffe viele Menschen. Viele sind sehr dankbar darüber, was sie haben, was sie sind. Manche aber sind unzufrieden, reiben sich an Kleinigkeiten auf. Du lebst mit der Krankheit MS. Kannst du uns mitnehmen in deinen Alltag, in den Umgang mit der Krankheit und vor allem bitte, kannst du in ein paar Worten deine Learnings daraus zusammenfassen?  Was kannst du den Ewig-Unzufriedenen sagen?

Lexikonfetti – Alexandra Leyer: Ich versuche immer das anzunehmen und zu akzeptieren, was gerade ist. Wenn es mir körperlich (oder seelisch) nicht gut geht, versuche ich das so anzunehmen. Natürlich klappt das nicht immer, aber wenn ich mich dagegen wehre, wird es noch viel schlimmer. Ich nehme körperliche Symptome als Warnsignale wahr. Irgendwas in meinem Inneren ist im Ungleichgewicht, und mein Körper reagiert darauf. Wichtig ist aber auch, die Symptome nicht zu verdrängen, denn irgendwas will mir mein Körper sagen. Körperliche Symptome sind Reaktionen auf meine Emotionen und mein Verhalten. Es ist dabei aber auch ok, traurig zu sein, wenn man schmerzen hat oder körperlich eingeschränkt ist. Das einzige was zählt, ist immer der Moment, der gerade ist.

Die Einzigen, die die Momente negativ belasten, sind Gedanken und die daraus resultietende Urteile, Handlungen und Interpretation der Situation.

Wenn ich im Stau stehe, dann bin ich JETZT im Stau. Darüber dass ich wütend bin und die Situation als schlimm empfinde, ist meine eigene Verantwortung, da ich die Situation (negativ) bewerte. Denn eigentlich stehe ich ja nur im Stau.

Wenn es sich natürlich um Krankheiten oder Dinge handelt, die  wirklich schmerzhaft sind, dann übe ich mich immer daran, die Situation trotzdem so anzunehmen wie sie ist. Wenn ich einen anderen Blickwinkel auf die Situation habe, dann verändere ich auch die Situation. Wenn ich aber wirklich etwas ändern kann, dann ändere ich das auch. Sonst meckere ich ja wirklich ohne Grund 🙂

Die Mischung aus dem annehmen und dem verändern der Situation macht’s aus 🙂

Jana Wieduwilt: Liebe Alexandra, vielen, vielen Dank! Wo kann man dich erreichen? Wo bist du anzutreffen? Wie können meine Leser dich unterstützen bei deiner Arbeit?

Lexikonfetti – Alexandra Leyer: Dir gebührt auch ein Danke! Unterstützung findet für mich da statt, wo eine Konversation und ein Aufeinandertreffen stattfindet 🙂 Ich bin auf Instagram unter Lexikonfetti aktiv und freue mich darüber, wenn wir uns dort austauschen, diskutieren und gegenseitig neue Anregungen und Inspirationen schenken.

FOTO: Jan Meifert