Schöne Aussichten

Schöne Aussichten

Die Spanier sind ein wanderfreudiges Völkchen. Heute treffe ich viele Gruppen voll fröhlicher – und natürlich ununterbrochen debattierender Spanier, die in einem Affenzahn ihren Walk durchführen. Frisch beschuht halb-hampele ich mal weiter durch stetig aber sanft ansteigendes Gelände. Interessant noch immer, wie schön manche Tore und Häuser hier den Pilger begrüßen. 

Und es wird immer dunkler. Bald ist der Regen da. Ich ziehe mein professionelles Rad-Regen-Cape aus dem Rucksack und laufe, nein hampele jetzt als aufgeblasene hellgrüne Kugel durch die Landschaft. Liebe Freunde, leider war kein Selfie möglich. Wind und Regen sind ziemlich heftig. Na denn. Aber da ich so damit beschäftigt bin, das Ballon-Cape festzuhalten, und dafür zu sorgen, dass mir die Kapuze wenigstens ein kleines Sichtfeld lässt, gehe ich Schritt für Schritt. Ab und an lohnt es sich, mal inne zu halten und zurück zu blicken. Die Landschaft ist atemberaubend.

Mal sehen, was der Tag so bringt

Mal sehen, was der Tag so bringt

Dank meines interessanten Muskelkaters und diverser anderer Wehwehchen bin ich heute mit sehr gemischten Gefühlen in den Tag gestartet. Laut Pilgerführer ungefähr 10 Kilometer bis zur nächsten Ortschaft. Dachte, dass ich mal vorsichtshalber anrufe, ob die Herberge auf hat. Ging keiner ran. Das bedeutete, ich müsste wieder so rund 23 km gehen. 

Hmm. Mein Laufstil ähnelt sehr einem Hampelmann. So hampelte ich mich in Slow-Mo durch Estella, ein recht hübsches Örtchen. Tankstelle. Mit Wasser versorgen. Wenige 100 Meter weiter dann der erste Lichtblick des Samstags: Ein Hypermercado. Also mehr als ein Supermarkt. Ja, und nur noch wenige Minuten bis 9. Also rein und Bananen und Mandarinen kaufen. Und bisschen Wurst. 

Morgen ist Sonntag, da weiss man ja nicht so genau. Ich also hampelnd zum Markt und wieder raus – und sehe einen Decathlon-Laden. Jo. Nehm ich. Ist fast wie Sketchers. In aller Seelenruhe habe ich mir ungefähr 1000 Paar Schuhe anprobiert. Und dann für den ganz kleinen Taler welche erstanden. Richtig leichte Laufschuhe! Allen Pilger- und Wanderfreaks zum Trotz. Fühlte mich gleich vieel besser.

Tag der Brücken

Tag der Brücken

Heute bin ich über so viele Brücken gegangen, wie selten. Alles so altertümliche Rundbogen-Brücken, die sich so richtig über den Fluss buckeln.. Schön.

Endlich

Endlich

Hey, das ist ja mal n Luxus. Eine Pilgerherberge vom allerfeinsten. Quasi ein 5 Sterne Camping. OK, Schlafsaal schon mit ca. 30 Leuten, aber clever abgetrennt und ziemlich sehr sauber. Toll. Ein sehr angenehmes Geschenk nach 25 – gefühlten 50 Kilometern. Und wer ist mein Bettnachbar? Der best-organisierte Ire, nennen wir ihn Tom.. Jetzt noch schnell was essen und dann nur noch ins Bett.

Ups.

Ups.

Und schon nach 2 oder 3 Kilometern denke ich so: Das schmerzt aber anders als grad eben. Habe mir nach einem atemraubenden Anstieg, auf dem ich mein Schnecken-Faultier-Tempo so richtig unter Beweis stellen konnte, ein Herz gefasst: Stein zum Sitzen: Schuhe und Socken aus. Nicht gut. Ich erspare euch Details. Mein Tipp für alle, die diesenWeg nach mir gehen wollen. Entweder ihr sucht euch einen kompetenten Schuhverkäufer oder ihr nehmt weiche Sketchers. (NEIN, ich kriege keine Provision. Die Schuhe sind einfach genial). Was man von meinen Tretern leider nicht sagen kann. Schwer. 

Für die Ewigkeit – und praktisch unbrauchbar für mich. Blasen an Zehen und Haken. Aua. Gut, ich habe also die latente Häme der Mitpilger ertragen, die mich alle überholt hatten: „Problemas“, fragte der freundlich hektische Spanier von gestern? Kaum! Grr. Gut, ich papp also mal alles an Pflastern drauf, was ich so im Gepäck habe. Übrigens: Extra spezielle Blasenpflaster sind auch eine absolut überflüssige Erfindung, wenn du danach noch weiter laufen musst. Also das gute alte Normalo-Pflaster tut es. Wieder was gelernt. 

Noch mal schleppe ich mich ein paar Kilometer. Aber dann tun mir die Füße so weh, dass ich denke. Entweder ich schmeisse die Schuhe jetzt in den Bach unter mir, nehme meinen tollen, viel zu warmen Schlafsack und bleibe hier für immer. Oder ich geh in Badelatschen weiter. Ich hab Oder genommen.

Einsiedler Kirche

Einsiedler Kirche

Mitten im Nichts stand ein Kirchlein, so alt und schön, das hat mich magisch angezogen. Das Tor ging diesmal auf – und drinnen eine schlichte Natursteinkirche. Mit einem Alter, auf dem verschiedene Bitten an die Virgin – Jungfrau Maria drauf lagen. So schön! Inmitten von Olivenhainen. Ich habe auch was da gelassen;) Eine Bitte.

Tag 2

Tag 2

Naja. Also Jakobsweg ist ne wirklich spezielle Sache. Für Menschen wie mich. Die eher randsportlich sind. Tag 2 startete mit dem ultimativen Tütenknistern der Mitpilger, die gegen 5.30 aufbrechen müssen. Kopflampe natürlich. Es ist ja noch dunkel. Na gut, ist schon ok, schließlich muss man um 8 spätestens die Herberge räumen, manche noch früher. Also nach einem Bananenfrühstück mutig ans Werk. Tag 2 geht los.

Und arbeiten

Und arbeiten

Nachdem ich mein wunderbares, mittel-healthy Pilgermenü verdrückt habe. Jaaa, ich weiß, in Spanien isst man nicht vor 20 Uhr, hat mir ja schließlich gerade José erzählt. Aber ich hab JETZT Hunger. Und der Laden hat offen, da ist eine sehr freundliche Inhaberin, die richtig, richtig fröhlich ist – und ordentlich Stimmung macht.

Jedenfalls darf ich bei freiem Wifi und Wein sitzen bleiben, auch als mein Essen vorbei ist. Heute bin ich heilfroh, wenigstens die Restfragmente meines guten Spanisch ausgraben zu können. Das öffnet Türen. Und so schreibe ich heute meinen Blog, während die Dorfbewohner sich an der Bar von Frau Fröhlich ordentlich einen geben. Entsprechend laut ist es natürlich. 

Dazu läuft „Macarena“, na was willste eigentlich mehr?