Das Café auf dem Berg, das geschlossen hatte

Das Café auf dem Berg, das geschlossen hatte

Aber Sessel standen draußen. Und das habe ich gleich mal genutzt, um bei wunderbarem Sonnenschein an windgeschützter Stelle eine Pause zu machen. Bei allerbesten Aussichten. Wie gesagt, eine Bude mitten im Nichts, mit städtischen Sitzmöbeln. Was dieser Weg so alles hervorbringt:))

Während ich dies schreibe, sitze ich übrigens in einem geöffneten Café und trinke Té – nein kein Rechtschreibfehler, spanisch.

Neben mir sind ältere Damen, die sich auf die spanische Weise ziemlich lebhaft die Taschen voll hauen und dabei einen Cortado, kleiner schwarzer staaaarker Kaffee, genießen. Während der Siesta (jaaa, da sind die Spanier konsequent, auch bei 8 Grad und Sturm geht hier zwischen 14 und 17-18 Uhr gar nix) war hier eine absolute Stille. Derweile füllt sich das Café nun rasch, überhaupt gehen hier viel mehr Leute einfach mal auf einen Kaffee aus. Pärchen habe ich bislang kaum gesichtet, eher größere Damenrunden – oder Herrenrunden. Da ist man auch in dem 3000 Seelen Ort hier sehr offen und die drei Cafés des Ortes sind wirklich gut besucht.

Vom Winde verfolgt

Vom Winde verfolgt

Wandern bei Gegenwind ist ganz schön schwer. Heute war ich das erste Mal so richtig froh, doch den Rucksack dabei gehabt zu haben, so hat es mich am Boden gehalten. Heute war es ziemlich windig. Die Nachrichten sprachen sogar davon, dass es so eine Art Orkan war, der heute über Nordspanien hinweg gefegt ist. 

Das war einerseits sehr schön – weil der Wind auch die ewig grauen Wolken weg gepustet hat, andererseits ist bergauf mit Gegenwind sogar für Slo-Mo-Wanderer ziemlich herausfordernd. Also, ich kämpfe immer noch ein wenig mit dem Weg und dem Unterwegssein bei Wind und Wetter. Dafür sind die Aussichten aber auch besonders schön, wenn man mal wieder einen Berg erkraxelt hat!

San Andres

San Andres

Das war wohl einer der Hauptverfechter des Jakobsweges. In den Jahren bevor Hape hier lang gegangen ist, und der Weg eher ein Randthema war, lief er überall mit einem gelben Farbeimer rum, um Pfeile dorthin zu malen, wo der Weg lang geht. Ich bin Herrn Andres überaus dankbar, denn seine Pfeile weisen mir Orientierungswunder heute sicher den Weg..

Steine

Steine

Auf dem Camino spielen Steine eine wichtige Rolle. An nahazu allen Wegweisern oder anderweitig markanten Stellen haben fleißige Pilger Steine hinterlassen. Meist liegen sie nur so rum, oft sind die Steine aber auch kunstvoll aufgeschichtet. 

Manchmal scheinen sich auch Künstler zusammen zu finden – oder Menschen, die ziemlich viel Langeweile haben – und bauen kunstvolle Pyramiden, Herzen, Sitzgelegenheiten (Steinsessel) oder Pfeile. Das erheitert das Herz des Pilgers ungemein und ich freue mich immer sehr über so was.

Spontaner Segen

Spontaner Segen

In Los Arcos angekommen, traf ich in der besten Bar am Platze einen meiner britischen Freunde von gestern. Er hat Zahnschmerzen und wollte heute noch bis Viana.. Respekt. Er braucht einen Zahnarzt. Der Ärmste. Ich hoffe, er ist gut durchgekommen.

Nachdem ich mit ihm kurz geplaudert hatte, wollte ich weiter. Aber der Regen war so stark und gleich nebenan eine Kirche, so dass ich dachte: Nix wie rein da. Und drinnen.. Wow! Da bleiben allen Protestanten in ihrer Bescheidenheit die Münder offen. So was schönes. So nach und nach füllte sich das Gotteshaus zum Gottesdienst. Die Liturgie ist – soweit ich das beurteilen kann – der katholischen bei uns sehr ähnlich, auch wenn man nicht alles versteht.

Es passte irgendwie sehr zum heutigen Tag.

Gehn wie ein Ägypter.

Gehn wie ein Ägypter.

Heute war es das erste Mal, dass knapp 13 Kilometer OHNE Zivilisation auf dem Plan meines Jakobsweges standen. Da hatte ich schon ein bisschen Respekt davor. Aber es ging ganz gut. Wie vertreibt man sich eigentlich so beim Laufen die Zeit? Also man kann

– Spanisch lernen 

– also Audiobooks anhören und auch laut üben, weil 1. alle Pilger mit sich selbst reden und 2. sowieso keiner da ist, der zuhört

– seine Schritte zählen

– nachdenken

– beten

– die Landschaft angucken

– Fotos machen

– sich die Stundenkilometer ausrechnen

– sich langweilen

– das Regencape an oder ausziehen und wieder an und wieder aus (bitte 24 Mal wiederholen, dann habt ihr das Feeling)

– verschiedene Gangarten ausprobieren: Ich hatte heute 1. Faultier, 2. Bucklige alte Frau – also nach vornübergebeugt vor der Last des Rucksackes, 3. Ägypter, also so als ob man einen Stock im A.. hätte. 4. Humpeln (wahlweise rechts oder links), 5. Bein nachziehen, 6. sich gegen den strammen Gegenwind lehnen und hoffen, dass man nicht vornüber kippt, wenn die Brise nachlässt

(Ägypter finde ich zur Zeit am besten)

Jedenfalls habe ich das alles so gemacht. Oder mehrfach. Der Weg war schön und so habe ich mich auch nicht sehr gelangweilt.

Anis mit Heidelbeeren

Anis mit Heidelbeeren

Nachdem ich gestern aus Versehen in dem kleinen Dörfchen auf dem Berg hängen geblieben und die bisher definitiv beste Pilgerherberge erwischt habe, bildete sich eine lustige kleine „Reisegruppe“ aus den 5 Zimmergenossen, ein Argentinier, zwei very britische Briten, die Amerikanerin, die mit 68 den Weg geht und mit mir als Deutscher, die britisches Englisch schwer versteht, andauernd Spanisch und Englisch verwechselt – und wohl in dem Bunde die Jüngste war. Dafür habe ich aber am schönsten gehumpelt! 

Nachdem wir alle ziemlich lange in unsere elektronischen Geräte geguckt hatten und Füße und Körper ein wenig erholt waren, beschlossen wir, die einzige Bar in dem Ort zwecks Abendessen aufzusuchen. Der Wein war gut, der Rest teuer und eine schöne Demonstration, was fehlender Wettbewerb so ausmacht. 

Also, wir hatten Spaß und alle bedienten alle Klisches. Die Amerikanerin war ein wenig ungeduldig, haben wir doch auf einen Teller Schinken ungefähr laaange gewartet. Naja, am Ende waren alle satt. Unser Argentinier hat noch ein paar Komplimente an die Dorfschönen los gelassen, während die britischen Herren sich ziemlich schnell ziemlich viele Biere hinter die Binde kippten. 

Kaum daheim angekommen, stand der sehr alte Hausherr in der Tür und fragte so was wie: Wollt ihr noch n Schnäppchen? Das heißt übrigens „Chopito“. Na aber klar doch, nach der Anstrengung geht chopito immer. Astrein: Tiefgekühlte Gläser, viel Herzlichkeit. So ein netter Gastgeber! Er hat „nebenbei“ ein paar ziemlich dicke Bücher geschrieben über den König Navarras. War schön!

Glück gehabt

Glück gehabt

Heute bin ich mal wieder ein Glückskind. Nachdem mir den ganzen Morgen niemand begegnete, also kein Pilger, sah ich schon die Kirchturmspitze vom höchsten Punkt des heutigen Tageskurses. 

Da begegnete mir der erste Mitpilger, ein Spanier aus Madrid. Mit ihm erklomm ich die letzten Meter und wir beschlossen, gemeinsam eine Pause zu machen, bevor die nächsten 12 Kilometer absolut keine Zivilisation zu erwarten wäre. In der Bar traf ich dann eine ältere Amerikanerin, mit der ich letzte Nacht das Zimmer geteilt hatte. Sie sagte, die Herberge hätte wohl auf. Jipiheee. 

Ich darf heute Füße und Knochen schonen. Und morgen ausgeruht die 12 Kilometer durchs Nichts gehen. Freu. Freu. Hier sitze ich nun auf dem Bett mit der wahrscheinlich schönsten Aussicht der Welt, während neben mir ein Uruguayer Kurz-Weltreisender, ein Mann mir unbekannter Nationalität und besagte Amerikanerin entspannen. Der Mensch unbekannter Nationalität hört Handy und das sagt alle 3 Minuten: „Your Message has been received“. Hoffentlich macht er das in der Nacht aus. Die Amerikanerin ist rund 60 und aus Florida. Respekt! Wir teilen uns gerade eine Waschmaschine für 3 Euro. 

Wie gesagt, diese luxuriöse Bleibe hier war meine Rettung. Der weltreisend Uruguayer will jedenfalls bis Finistere ans „Ende der Welt“ und dann nach Frankreich, nach Istanbul, Russland, Indien und dann nach Hause. Also er hat noch was vor. Jetzt bimmelt die Glocke und ich werde mal schauen, ob ich was zum Abendbrot finde.