Anis mit Heidelbeeren

Anis mit Heidelbeeren

Nachdem ich gestern aus Versehen in dem kleinen Dörfchen auf dem Berg hängen geblieben und die bisher definitiv beste Pilgerherberge erwischt habe, bildete sich eine lustige kleine „Reisegruppe“ aus den 5 Zimmergenossen, ein Argentinier, zwei very britische Briten, die Amerikanerin, die mit 68 den Weg geht und mit mir als Deutscher, die britisches Englisch schwer versteht, andauernd Spanisch und Englisch verwechselt – und wohl in dem Bunde die Jüngste war. Dafür habe ich aber am schönsten gehumpelt! 

Nachdem wir alle ziemlich lange in unsere elektronischen Geräte geguckt hatten und Füße und Körper ein wenig erholt waren, beschlossen wir, die einzige Bar in dem Ort zwecks Abendessen aufzusuchen. Der Wein war gut, der Rest teuer und eine schöne Demonstration, was fehlender Wettbewerb so ausmacht. 

Also, wir hatten Spaß und alle bedienten alle Klisches. Die Amerikanerin war ein wenig ungeduldig, haben wir doch auf einen Teller Schinken ungefähr laaange gewartet. Naja, am Ende waren alle satt. Unser Argentinier hat noch ein paar Komplimente an die Dorfschönen los gelassen, während die britischen Herren sich ziemlich schnell ziemlich viele Biere hinter die Binde kippten. 

Kaum daheim angekommen, stand der sehr alte Hausherr in der Tür und fragte so was wie: Wollt ihr noch n Schnäppchen? Das heißt übrigens „Chopito“. Na aber klar doch, nach der Anstrengung geht chopito immer. Astrein: Tiefgekühlte Gläser, viel Herzlichkeit. So ein netter Gastgeber! Er hat „nebenbei“ ein paar ziemlich dicke Bücher geschrieben über den König Navarras. War schön!

Glück gehabt

Glück gehabt

Heute bin ich mal wieder ein Glückskind. Nachdem mir den ganzen Morgen niemand begegnete, also kein Pilger, sah ich schon die Kirchturmspitze vom höchsten Punkt des heutigen Tageskurses. 

Da begegnete mir der erste Mitpilger, ein Spanier aus Madrid. Mit ihm erklomm ich die letzten Meter und wir beschlossen, gemeinsam eine Pause zu machen, bevor die nächsten 12 Kilometer absolut keine Zivilisation zu erwarten wäre. In der Bar traf ich dann eine ältere Amerikanerin, mit der ich letzte Nacht das Zimmer geteilt hatte. Sie sagte, die Herberge hätte wohl auf. Jipiheee. 

Ich darf heute Füße und Knochen schonen. Und morgen ausgeruht die 12 Kilometer durchs Nichts gehen. Freu. Freu. Hier sitze ich nun auf dem Bett mit der wahrscheinlich schönsten Aussicht der Welt, während neben mir ein Uruguayer Kurz-Weltreisender, ein Mann mir unbekannter Nationalität und besagte Amerikanerin entspannen. Der Mensch unbekannter Nationalität hört Handy und das sagt alle 3 Minuten: „Your Message has been received“. Hoffentlich macht er das in der Nacht aus. Die Amerikanerin ist rund 60 und aus Florida. Respekt! Wir teilen uns gerade eine Waschmaschine für 3 Euro. 

Wie gesagt, diese luxuriöse Bleibe hier war meine Rettung. Der weltreisend Uruguayer will jedenfalls bis Finistere ans „Ende der Welt“ und dann nach Frankreich, nach Istanbul, Russland, Indien und dann nach Hause. Also er hat noch was vor. Jetzt bimmelt die Glocke und ich werde mal schauen, ob ich was zum Abendbrot finde.

Schöne Aussichten

Schöne Aussichten

Die Spanier sind ein wanderfreudiges Völkchen. Heute treffe ich viele Gruppen voll fröhlicher – und natürlich ununterbrochen debattierender Spanier, die in einem Affenzahn ihren Walk durchführen. Frisch beschuht halb-hampele ich mal weiter durch stetig aber sanft ansteigendes Gelände. Interessant noch immer, wie schön manche Tore und Häuser hier den Pilger begrüßen. 

Und es wird immer dunkler. Bald ist der Regen da. Ich ziehe mein professionelles Rad-Regen-Cape aus dem Rucksack und laufe, nein hampele jetzt als aufgeblasene hellgrüne Kugel durch die Landschaft. Liebe Freunde, leider war kein Selfie möglich. Wind und Regen sind ziemlich heftig. Na denn. Aber da ich so damit beschäftigt bin, das Ballon-Cape festzuhalten, und dafür zu sorgen, dass mir die Kapuze wenigstens ein kleines Sichtfeld lässt, gehe ich Schritt für Schritt. Ab und an lohnt es sich, mal inne zu halten und zurück zu blicken. Die Landschaft ist atemberaubend.

Mal sehen, was der Tag so bringt

Mal sehen, was der Tag so bringt

Dank meines interessanten Muskelkaters und diverser anderer Wehwehchen bin ich heute mit sehr gemischten Gefühlen in den Tag gestartet. Laut Pilgerführer ungefähr 10 Kilometer bis zur nächsten Ortschaft. Dachte, dass ich mal vorsichtshalber anrufe, ob die Herberge auf hat. Ging keiner ran. Das bedeutete, ich müsste wieder so rund 23 km gehen. 

Hmm. Mein Laufstil ähnelt sehr einem Hampelmann. So hampelte ich mich in Slow-Mo durch Estella, ein recht hübsches Örtchen. Tankstelle. Mit Wasser versorgen. Wenige 100 Meter weiter dann der erste Lichtblick des Samstags: Ein Hypermercado. Also mehr als ein Supermarkt. Ja, und nur noch wenige Minuten bis 9. Also rein und Bananen und Mandarinen kaufen. Und bisschen Wurst. 

Morgen ist Sonntag, da weiss man ja nicht so genau. Ich also hampelnd zum Markt und wieder raus – und sehe einen Decathlon-Laden. Jo. Nehm ich. Ist fast wie Sketchers. In aller Seelenruhe habe ich mir ungefähr 1000 Paar Schuhe anprobiert. Und dann für den ganz kleinen Taler welche erstanden. Richtig leichte Laufschuhe! Allen Pilger- und Wanderfreaks zum Trotz. Fühlte mich gleich vieel besser.

Tag der Brücken

Tag der Brücken

Heute bin ich über so viele Brücken gegangen, wie selten. Alles so altertümliche Rundbogen-Brücken, die sich so richtig über den Fluss buckeln.. Schön.

Endlich

Endlich

Hey, das ist ja mal n Luxus. Eine Pilgerherberge vom allerfeinsten. Quasi ein 5 Sterne Camping. OK, Schlafsaal schon mit ca. 30 Leuten, aber clever abgetrennt und ziemlich sehr sauber. Toll. Ein sehr angenehmes Geschenk nach 25 – gefühlten 50 Kilometern. Und wer ist mein Bettnachbar? Der best-organisierte Ire, nennen wir ihn Tom.. Jetzt noch schnell was essen und dann nur noch ins Bett.

Ups.

Ups.

Und schon nach 2 oder 3 Kilometern denke ich so: Das schmerzt aber anders als grad eben. Habe mir nach einem atemraubenden Anstieg, auf dem ich mein Schnecken-Faultier-Tempo so richtig unter Beweis stellen konnte, ein Herz gefasst: Stein zum Sitzen: Schuhe und Socken aus. Nicht gut. Ich erspare euch Details. Mein Tipp für alle, die diesenWeg nach mir gehen wollen. Entweder ihr sucht euch einen kompetenten Schuhverkäufer oder ihr nehmt weiche Sketchers. (NEIN, ich kriege keine Provision. Die Schuhe sind einfach genial). Was man von meinen Tretern leider nicht sagen kann. Schwer. 

Für die Ewigkeit – und praktisch unbrauchbar für mich. Blasen an Zehen und Haken. Aua. Gut, ich habe also die latente Häme der Mitpilger ertragen, die mich alle überholt hatten: „Problemas“, fragte der freundlich hektische Spanier von gestern? Kaum! Grr. Gut, ich papp also mal alles an Pflastern drauf, was ich so im Gepäck habe. Übrigens: Extra spezielle Blasenpflaster sind auch eine absolut überflüssige Erfindung, wenn du danach noch weiter laufen musst. Also das gute alte Normalo-Pflaster tut es. Wieder was gelernt. 

Noch mal schleppe ich mich ein paar Kilometer. Aber dann tun mir die Füße so weh, dass ich denke. Entweder ich schmeisse die Schuhe jetzt in den Bach unter mir, nehme meinen tollen, viel zu warmen Schlafsack und bleibe hier für immer. Oder ich geh in Badelatschen weiter. Ich hab Oder genommen.